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AutorenbildBernhard Dünser Cafe am Waldrand

Queer im Bregenzerwald


 

„Kann es im Wald gelingen, als schwuler Mann ein selbstbewusstes Leben zu leben?“

("Wald" ist hier die Abkürzung für die Region "Bregenzerwald".)


Diese Frage wurde mir vor einigen Wochen gestellt. Und meine Antwort?

 Ja, es kann gelingen. Mittlerweile.

Wären da nicht die Ängste, die oft auf Erfahrungen aus der eigenen Jugend beruhen und die auch heute noch – immer wieder auf Pausenhöfen und Stammtischen Thema sind. Weshalb wird Anderssein immer noch so kritisch beurteilt und beschimpft? In meinen Augen ein No Go!

 

Seit einigen Jahren weiß ich, was es bedeutet, als offen schwuler Mann im Bregenzerwald zu leben. Ich erlebe viele Menschen, die sich mit mir über mein >neues< Leben freuen. Ich erlebe auch Widerstand, den ich gelegentlich auch bewusst aushalten muss. Manchmal, da ertappe ich mich heimlich, dass ich mir denke, ob es für mich in Bregenz, Wien oder Berlin nicht einfacher wäre? Und ich bin nicht der Einzige…

 

„Über Homosexualität im Wald zu sprechen… das ist doch gar nicht möglich. Genau deshalb ist es für mich so schwer, hier zu sein.“ Matthias* ist schwul und lebt seit einigen Jahren in einer Stadt. „Ich hatte es schon in der Schule schwer. Die Angst, dass es im Beruf so weitergeht, war zu groß, um hier Fuß zu fassen.“

 

„Ich bin Mama von drei Kindern. Ich bin lesbisch und traue mich gar nicht, es offen zu leben. Schon der Gedanke, dass meine Kinder gehänselt werden, lässt dies nicht zu.“ Marianne* lebt in einem Dorf und ist geschieden.

 

„Wir sind Eltern von einem trans*Kind. Wie oft müssen wir uns erklären. Das Leben im kleinen Dorf macht das grad nicht einfacher. Ich wäre froh, wenn da mehr Toleranz wäre.“

 

Es ist kein Geheimnis, dass es LGBTIQ*-Personen häufig in die Stadt zieht. Das Leben ist dort anonymer. Auch das Angebot für queeren Austausch und die Möglichkeit eines niederschwelligen Beratungsangebot in einem sicheren Umfeld zieht Menschen in die Stadt. 

 

„Hier kann ich in die Beratungsstelle für queere Menschen gehen, ohne dass mich eine verwandte oder bekannte Person sieht und daraus gleich eine Geschichte wird.“ Matthias* ist schon lange in der Stadt. Er hat hier Fuß gefasst. Fast alle in seiner Heimat wissen, dass er schwul ist. Niemand weiß aber, dass er eigentlich Heimweh hat und es ihn aber viel Überwindung kosten würde, zurück zu kommen.

 

Queer am Land? Eine Frage der Angst?

Die Menschen im Bregenzerwald sind mittlerweile sehr offen, was den Umgang mit verschiedenen Lebensformen angeht. Oft sind es die sozialen Strukturen und Gewohnheiten, die es queeren Menschen erschweren, ihren eigenen Weg zu gehen. Es sind alte Muster und Normen die oft nicht hinterfragt werden. Viele Vereine oder auch religiöse Organisationen sind in der Regel nicht sehr progressiv und (noch) verschlossen für Neues. LGBTIQ*-Menschen stoßen nach wie vor an Grenzen, die ein Coming Out und damit auch das queere Leben am Land erschweren. Was löst hier bei den Menschen so viel Angst und Verunsicherung aus?

 

Queer am Land? Eine Frage der Überforderung?

Was bedeutet es, wenn ich mich dazu entscheide, so zu sein wie ich bin? Was macht es mit meinem Umfeld? Oft machen queere Menschen am Land die Erfahrung, dass Menschen verwirrt reagieren. Bei Männern finden sie Liebe grauslich, bei Frauen können sie Liebe nicht verstehen. Hier wünschen sich Betroffene, das sie einfach direkt angesprochen werden. >Weißt du, was es heißt, wenn ich mich dazu entscheide offensichtlich anders zu sein?< Gedanken, Fragen und Unerfahrenheit mit neuen Lebenswelten können sich durch ein Gespräch in ein offenes Miteinander verwandeln. Und das erfordert Mut – von beiden Seiten.

 

Queer am Land? Gemeinschaft als Schutzraum?

Dieses offene Miteinander, das Raum gibt um „alte Normen zu hinterfragen“ bringt Menschen einander näher. Es entsteht ein sozialer Schutzraum, der sowohl queeren Jugendlichen als auch allen Anderen dienlich ist für eine gelingende Gemeinschaft, ein gesundes Miteinander und eine offene Kommunikation.

Eine gute Gemeinschaft gilt als gesundheitlicher Schutzfaktor und unterstützt alle Jugendlichen und Heranwachsenden auf ihrem Weg. Es sind oft simple Gesten, mit denen Jugendliche unterstützt werden können: Zuhören, ein wohlwollendes Wort oder einfach eine Regenbogenfahne am Dorfplatz oder ein bunter Zebrastreifen. Klar, es ist >nur< Symbolpolitik. Aber diese Symbole können das Lebens- und Zugehörigkeitsgefühl vieler Menschen verändern.

 

Queer am Land? Beratungsstellen für Betroffene und Angehörige?

Amazone, Offene Jugendarbeit Bregenzerwald, GoWest, proQueer, Cafe am Waldrand

… weil #redenhilft

Hinweis: Die Links zu den einzelnen Anlaufstellen findest du hier:


Auch am Land möglich - zwei Männer mit Kind
Gays with Kid

 

 

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